In Konflikten um Teilhabe, Diversität und Partizipation ist Traditionsbildung eine wichtige Strategie zur Gewinnung diskursiver Legitimation. Cultural heritage – im Deutschen »Kulturerbe« – bezeichnet dabei die Konstruktion von Traditionen zur Bestimmung von Mitgliedschaft in verschiedensten Gruppenformationen. Teile dieser »Heritage-Produktion« sind dabei offiziell von nationalen und globalen politischen Organisationen gestützt und damit direkt mit Citizenship, oft als rechtlich kodifizierte Statuskonfiguration, verbunden. Andere Formen kulturellen Erbes werden als bürgerschaftliche Praxis in Bezug auf Subjektpositionen entwickelt, die sich im Konfliktfeld gesellschaftlicher Identitätsbehauptungen platzieren möchten. Materielles und immaterielles Kulturerbe wird dabei in diesem Forschungscluster aus kritisch-dekonstruierender Perspektive interdisziplinär beforscht.
Forschungsprojekte im Cluster "Culture Heritage & Citizenship"
Culture Heritage & Citizenship
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Zwischen Tradition und Wandel. Evangelische Frauenklöster und -stifte in Niedersachsen in der zweiten Hälfte des 20. JahrhundertsAuf dem Gebiet des heutigen Niedersachsen haben sich – bundesweit einmalig – von den vielen mittelalterlichen Klöstern und Stiften fünfzehn Frauengemeinschaften bis heute erhalten, nämlich die Calenberger Klöster Barsinghausen, Mariensee, Marienwerder, Wennigsen und Wülfinghausen, die sechs Lüneburger Klöster Ebstorf, Isenhagen, Lüne, Medingen, Walsrode und Wienhausen sowie die vier freiweltlichen Damenstifte Bassum, Börstel, Fischbeck und Obernkirchen. Unter der Verwaltung bzw. der Rechtsaufsicht der Klosterkamme Hannover stehend, fühlen sie sich ideell eng mit der protestantischen Kirche verbunden. Die jahrhundertelange Existenz dieser seit ihrer Gründung ununterbrochen von Frauengemeinschaften getragenen Klöster und Stifte verweist darauf, dass ihnen eine große Beharrungskraft wie Wandlungsfähigkeit zugleich innewohnt. Beides war insbesondere in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts vonnöten: Seit den 1950er-Jahren begannen sie ihre Attraktivität als Lebensort für alleinstehende ältere Frauen zu verlieren. So schien es in der Klosterkammer um 1960 nicht ausgeschlossen, dass die schrumpfenden Klosterkonvente in einigen Häusern zusammengezogen und die frei gewordenen Häuser aufgegeben werden müssten. Tatsächlich wurde kein Kloster aufgehoben. Vielmehr stellen sich die Klöster und Stifte heute als attraktive, nach außen geöffnete „Begegnungsorte“ dar, die mit ihren eindrucksvollen Gebäuden, ihren reichen Kunstschätzen und einer Bandbreite unterschiedlichster Angebote und Aktivitäten jährlich viele Tausend Besucher*innen anziehen. Das Projekt untersucht vor dem Hintergrund des vielschichtigen und rasanten sozialen und kulturellen Wandels, der sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts vollzog, in synchroner wie diachroner Hinsicht den Weg von der Nachwuchs- und Sinnkrise in den 1950er-Jahren zur Entwicklung und Umsetzung neuer, heute gelebter Konzepte für Konvente und Kapitel. Es untersucht u. a. Eintrittsmotive und Entfaltungsmöglichkeiten von Konventualinnen und Kapitularinnen, Wertvorstellungen der Konvente und Kapitel sowie gesellschaftliche, soziale und kulturelle Funktionen der Klöster und Stifte. Bei der Analyse der Wandlungsprozesse im Untersuchungszeitraum interessiert insbesondere, welche Akteur*innen über die Frauengemeinschaften hinaus in diese Prozesse involviert waren, welche Abhängigkeiten, Kooperationen, Potenziale und/oder Konflikte sich daraus ergaben und wie Tradition und Wandel ausbalanciert wurden. In diesen nachzuzeichnenden Diskussions-, Aushandlungs- und Gestaltungsprozessen spielten die Äbtissinnen eine zentrale Rolle. So liegt ein weiterer Akzent auf der Frage, welche Voraussetzungen sie mitbringen mussten, um nach innen wie nach außen sowohl integrativ als auch durchsetzungsfähig wirken zu können. Welche Gestaltungsräume hatten und schufen sie sich, welche Hindernisse hatten sie zu überwinden? Auf welche Kooperationen und Allianzen konnten sie bauen, um zukunftsorientierte Impulse für den Erhalt und die Weiterentwicklung von Kapiteln und Konventen zu setzen? Die Antworten auf diese Fragen werden am Ende des Projekts in einer Monografie dargestellt.Leitung: Detlef Schmiechen-AckermannTeam:Jahr: 2018Förderung: Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur + Klosterkammer HannoverLaufzeit: 2018-2021
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CHER - Cultural Heritage als Ressource?Cultural heritage – im Deutschen auch als ‚Kulturerbe‘ bezeichnet – dient in der unübersichtlichen, diversifizierten Welt der Gegenwart auf unterschiedlichen gesellschaftlichen Ebenen als Identifikations- und Bezugspunkt für die Definition von Zugehörigkeiten, die Abgrenzung gegenüber dem Anderen und Fremden sowie nicht zuletzt als Ressource zur Durchsetzung ökonomischer, sozialer oder politischer Interessen.Leitung: Apl. Prof. Dr. Heiko Geiling, Apl. Prof. Dr. Detlef Schmiechen-Ackermann, Prof. Dr. Steffi Robak, Prof. Dr. Mathias Bös, Prof. Dr. Dirk Lange, PD Dr. Nina Clara Tiesler, Prof. Dr. Claudia SchomakerTeam:Jahr: 2018Förderung: Niedersächsisches Miniterium für Wissenschaft und KulturLaufzeit: 01.01.2016 – 31.12.2020
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ARL – Kontinuitäten und Neuorientierungen: Die „Akademie für Raumforschung und Landesplanung“ und das Fortwirken von personellen Netzwerken am Wissenschaftsstandort Niedersachsen nach 1945Leitung: Detlef Schmiechen-AckermannTeam:Jahr: 2019Förderung: MWKLaufzeit: 2015-2019
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Grenzgeschichte(n) – Die „Erinnerungslandschaft deutsch-deutsche Grenze“ in der Metropolregion HamburgDie von Anna Kaminsky herausgegebene Publikation „Orte des Erinnerns“, die 2016 in einer dritten und stark erweiterten Auflage erschienen ist, listet nunmehr über 900 Gedenkorte, Erinnerungszeichen, Gedenkstätten und zeitgeschichtliche Museen auf, die heute an die Geschichte der Sowjetischen Besatzungszone, der DDR, der Teilung und der innerdeutschen Grenze erinnern. Der geographische Bereich der Metropolregion Hamburg ist in diesem Zusammenhang für das Gedenken an Teilung und Grenze in vielfacher Hinsicht bedeutsam. Die facettenreiche Erinnerungslandschaft umfasst dabei nicht nur den ehemaligen Grenzbereich an der Elbe zwischen den heutigen Landkreisen Lüneburg, Lüchow-Dannenberg und Ludwigslust-Parchim, sondern ebenfalls den Bereich der damaligen Landgrenze zwischen Ludwigslust-Parchim und dem Kreis Herzogtum Lauenburg. Nordöstlich von Hamburg befand sich im Raum Lübeck zudem der ehemalige Grenzbereich an der Schlutuper Wiek. Basierend auf der Zielsetzung des Leitprojektes „Grenzgeschichte(n)“ der Metropolregion Hamburg, nämlich einer Weiterentwicklung bestehender Elemente der gegenwärtigen Gedenkkultur sowie der damit erwünschten Profilbildung einer gemeinsamen historischen Vermittlungsarbeit, erarbeitet das Institut für Didaktik der Demokratie an der Leibniz Universität Hannover (LUH) als Kooperationspartner der Metropolregion Hamburg und des Landkreises Lüchow-Dannenberg eine Bestandsaufnahme von Orten, Einrichtungen und Projekten, die im Bereich der Metropolregion an der „Erinnerungslandschaft deutsch-deutsche Grenze“ beteiligt sind. Daraus lassen sich in der Folge Handlungsempfehlungen für eine gebündelte und vernetzte Gedenklandschaft in der Region ableiten. Die Ausrichtung des Projektes zielt auf die Etablierung einer nachhaltigen Erinnerungsarbeit und -vermittlung im Einzugsgebiet der Metropolregion ab, die – ausgehend von dem Projekt „Grenzgeschichte(n)“ – in doppelter Hinsicht wirken soll: Zum einen sollen durch gezielte inhaltlich-konzeptionelle Schwerpunksetzungen die einzelnen Standorte profitieren und dadurch in ihrer Profilbildung gestärkt werden. Zum anderen soll durch die verstärkte Vernetzung der Einrichtungen untereinander die Reichweite und Strahlkraft der Erinnerungsarbeit zur Geschichte der deutschen Teilung im Einzugsgebiet der Metropolregion gebündelt und damit die Attraktivität für den Tourismus in der Region sowie für weitere Institutionen als potentielle Zielgruppen gesteigert werden.Leitung: Detlef Schmiechen-AckermannTeam:Jahr: 2019Förderung: Metropolregion HamburgLaufzeit: 2018-2020